Peter Radtke

Niedergefahren zur Hölle -
Über den gedankenlosen Umgang mit Sprache

Meine Frau ruft aus der Arbeit an. „Warum bist du nicht im Büro? Sie haben mir gesagt, du seist heute überhaupt nicht gekommen.“ – „Ich fühle mich so furchtbar müde.“ – „Warte, ich bin gleich da. Du mußt sofort ins Krankenhaus.“ 
Ich habe keine Kraft, mich zu wehren. Wahrscheinlich weiß ich selber, daß es das Beste für mich ist. Seit Monaten macht mir jede Bewegung Mühe, kostet mich minutenlang Ringen um Atem. 
Eine halbe Stunde später ist meine Frau zu Hause, mit ihr zwei Sanitäter und ein Krankenwagen. „Können Sie selber gehen?“ Ich schüttle den Kopf. Ich könnte es auch nicht, wenn ich gesund wäre. Ich bin behindert. Man hebt mich auf die Bahre, schnallt mich fest; ich werde aus der Wohnung geschoben. Wann werde ich zurückkehren? 
Wir schreiben Februar. Draußen ist es empfindlich kalt. Man hat vergessen, mir einen Mantel anzuziehen. Hoffentlich erkälte ich mich nicht, denke ich noch. Es ist die geringste Sorge.

Ich sitze in einem elektrischen Rollstuhl, fahre langsam unendliche Gänge auf und ab. Auf seltsame Art erinnern sie mich an eine frühere Arbeitsstelle. Ich kenne sie; dennoch sind sie mir unwirklich fremd. 
„Sie müssen sich schonen“ höre ich von einer Stimme ohne Körper. „Ich schone mich ja. Sehen Sie nicht, wie langsam ich fahre?“ – Die Stimme läßt sich nicht beschwichtigen: „Wenn Sie sich nicht schonen, wird es noch schlimmer werden.“ 
Noch ein einziges Mal die Geschwindigkeit auskosten! Ich drücke den Antriebshebel vor bis zum Anschlag. Mein Gefährt rollt dahin, immer schneller und schneller. Leicht und beglückt fühle ich mich. Seit Wochen ist es mir nicht mehr so gut gegangen. 
So, das war es! Ich lenke den Rollstuhl zurück, schräg nach hinten.  Der elektrische Rollstuhl bleibt stehen, rührt sich keinen Zentimeter mehr, weder vor noch zurück. Die Batterie ist leer. Oder hat eine unsichtbare Hand die Sicherung entfernt? 
Niemand kommt mir zur Hilfe. Ich will schreien. Die Stimme versagt mir. Der Abend senkt sich nieder. Ich sitze im Rollstuhl, gefangen. Nur den Kopf kann ich wenden. Halb rechts von mir ein Fenster. Ein grauer, einheitlicher Himmel und ein abgestorbener Zweig. Leicht zittert er im Wind. Er scheint mir zuzuwinken: „Komm!“
Bald wird der Himmel dunkelblau, schwarz. Irgendwo sehe ich Lichter. Sie sind so weit und kalt, geben keinen Trost. Dann wieder aschgrau, die Morgendämmerung. Ein paarmal versuche ich zu rufen. Niemand hört meine verstummte Stimme. 
Tag – Dämmerung – Nacht – Dämmerung – Tag. Ich scheine in eine Ewigkeit zu versinken, ohne Anfang und ohne Ende. Nur der bleierne Himmel vor dem Fenster und der kahle Ast. Wann bin ich hergekommen? Wie lange werde ich bleiben? 
Selbst diese Fragen verlieren an Bedeutung. Es ist ein unwirklich wirklicher Raum. Ich wundere mich, warum ich keinen Hunger empfinde, keinen Durst. „Jean-Paul Sartre“, denke ich,  „Geschlossene Gesellschaft“. 

„Wir müssen Sie operieren. Danach wird es Ihnen besser gehen.“ Geht es mir schlecht? Ich sehe Menschen mit verweinten Augen, meine Mutter, meine Frau. 
Operieren, was heißt das? – „Sie bekommen keine Luft. Wir müssen einen Luftröhrenschnitt legen.“ - Ängstlich fragend schaue ich mein Gegenüber an. - „Wir bohren ein Loch in Ihren Hals. Dann wird alles leichter." Ich begreife nicht, was das alles bedeutet, wie ich in diese Lage gekommen bin. 
„Warum beschützt ihr mich nicht?“ Flehentlich blicke ich auf meine Frau, meine Mutter. Stumm wenden sie sich ab. „Mir fehlt doch nichts“, will ich schreien. Oder doch? Wenn ich nur wüßte, was los ist.
Zu wem soll ich Vertrauen haben? Sie wirken alle so fremd. Auf der Buchstabentafel deute ich: „Ich will Professor P. sprechen.“ Professor P. ist ein Freund. Er wird mir das Richtige raten.
„Wir haben für die Operation schon alles vorbereitet.“ – „Ich will Professor P. sprechen.“ – „Er wird Ihnen nichts Anderes sagen.“ – „Ich will Professor P. sprechen.“ 

Hat das Gespräch tatsächlich stattgefunden? Der lange Gang, der elektrische Rollstuhl ohne Batterie, der tote Ast vor dem bleigrauen Himmel – das ist Wirklichkeit. Und die Einsamkeit ohne Menschen. 
Plötzlich ist meine Frau da. Oder ist es meine Mutter? „Ich nehme dich mit. Wir werden ein anderes Krankenhaus finden. In London gibt es eine Klinik. Sie werden dich heilen können.“ – „Wie sollen wir hinkommen?“ – „Wir nehmen das Flugzeug.“
Wie leicht alles geht! Schon bin ich am Flughafen, sitze im Sessel der Maschine. Da ist auch schon England. London liegt im Süden der Insel. Ich habe öfter meine Ferien im Norden verbracht. 
Meine Frau schiebt mich im Rollstuhl durch die Straßen der Metropole. Sie sind tot, keine Menschen, kein Verkehr. Von einem Hügel oberhalb der Stadt blicke ich auf das graue Häusermeer. Seit wann gibt es in London Hügel? Auch von hier aus kein Zeichen von Leben.
Wir betreten die Vorhalle einer modernen Klinik. Lautlos gleiten die Glasschiebetüren vor uns auf. Wieder kein Mensch. Aber ich höre eine Stimme sagen: „Sorry, wir können Ihren Mann nicht heilen. Fahren Sie wieder nachhause.“
Nein, nicht zurück! Ich weiß nicht, wovor ich Angst habe. Ich spüre nur eins: Zurück bedeutet Tod. 
Plötzlich bin ich wieder allein. Wo ist meine Frau geblieben? Wie aus großer Höhe sehe ich mich auf einer Landkarte Englands nach Norden fliehen. In einem Hafen – ist es Hull, ist es Edinburgh – verspricht man mir, mich an einen sicheren Ort nach Deutschland zu bringen. Nicht in die Klinik, zurück in meine Wohnung, in mein Heim. Ich werde eingeschifft. Doch das Ziel ist nicht Deutschland. Ich lande in Holland. 
Wieder eine Klinik, doch diesmal geführt ausschließlich von Moslems. Ich wundere mich. Wir sind doch in Europa, oder nicht? Aber was ist schon natürlich in dieser alptraumartigen Welt? 
Tagsüber arbeiten hier die verschiedensten Ärzte. Doch wenn die Nacht hereinbricht, haben nur noch strenggläubige Anhänger des Propheten Dienst. 
Nach und nach glaube ich mich zu orten. Ich befinde mich auf einer Entbindungsstation. Warum, ist mir schleierhaft. Während des Tages wirkt sie wie eine normale Abteilung. Doch in der Nacht enthüllt sie ihr schreckliches Geheimnis. Keiner weiß es. Nur ich scheine die Wahrheit zu kennen. Und ich kann nicht sprechen.
Über meinem Kopf ein Monitor mit einer sich verändernden Kurve. In regelmäßigen Abständen Zacken. Die Zacken entscheiden über Tod oder Leben. Ein Zacken zu wenig bedeutet: Ein Mädchen wird geboren. 
„Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen.“ Mädchen werden ausgesondert. Kein Mädchen überlebt. Ich bin in eine islamische Abtreibungsklinik geraten. Ich starre auf den Bildschirm. Bei jedem neuen Protokoll habe ich Angst, daß in der Aufzeichnung ein Zacken fehlt. Ein Todesurteil mehr! 
Warum wehren sich die Frauen nicht? Warum ist die Aus-lese so grausam, so erbarmungslos? Ich höre das schrille Schreien, das herzzerreißende Klagen der Frauen, denen ihre Mädchen weggenommen werden. Ich bin ein stummgemachter Zeuge. 
Vom Dunkel des Raumes hebt sich eine Gestalt ab, ein Gesicht, eine Krankenschwester, dunkelhaarig, und sie schweigt. Meine Augen fragen sie: „Warum lassen Sie das zu? Haben Sie nicht einen Beruf gewählt, um Leben zu retten? Auch Sie sind eine Frau.“ Sie antwortet nicht. Wie eine Sphinx starrt sie vor sich hin, die Zunge versiegelt. Ja, sie ist eine Frau. Frauen haben zu gehorchen. Sie leben in einer Welt von Männern. Und die Männer haben beschlossen: Mädchen sind Ballast.
Wie kann ich diesem schrecklichen Ort entkommen, von dem ich nicht einmal weiß, wo er ist? Längst bin ich nicht mehr in Holland. Ich bin wieder in Deutschland, aber wo? Mit klarem Blick, von einem Standpunkt außerhalb des Geschehens, sehe ich ein burgähnliches Gebäude an einem breiten Strom. Doch gleichzeitig bin ich auch Betroffener der Ereignisse und befinde mich innerhalb der umschließenden Mauern. 
Da ist wieder meine Mutter, oder ist es doch meine Frau? „Komm, wir machen eine Reise. Wir fahren mit dem Schiff. Ich bringe dich in deine Heimatstadt.“
In einem Rollstuhl werde ich zu einem Flußdampfer geschoben. Ich bin schwach. Vorsichtig muß man mich in die Kajüte tragen. Keiner hat meine Flucht bemerkt. Flucht ist es, denn ohne Genehmigung käme aus der Klinik niemand heraus. Ich habe keine Genehmigung. 
Endlich tuckert das Schiffchen los, immer stromaufwärts. Es geht mir schlecht, aber ich habe das Gefühl, jeder Kilometer, der mich von dem Ort des Schreckens entfernt, würde mir neue Kraft verleihen. Vielleicht bin ich gar nicht krank. 
Etwas später – ich weiß nicht, wieviel Zeit vergangen ist – taucht sie auf, die alte Stadt mit ihrem Dom und der Steinernen Brücke. Ein Fest wird gefeiert. Alles ist so, wie ich es kenne, von Jahren, da ich gesund war. Die Straßen und Plätze wimmeln von Menschen. Sie freuen sich über einen prächtigen Umzug. Auf einem der Prunkwagen sehe ich mich, hoch über der Menge. Auch ich möchte jubeln, doch man verbietet mir, zu sprechen.
Allmählich finde ich heraus, man feiert meinen fünfzigsten Geburtstag. Der liegt längst zurück. „Dieses Fest war eigentlich für Ihren Sechzigsten gedacht. Aber weil Sie den nun nicht mehr erleben werden...“
Ich bin erschöpft. Der Trubel hat mich ermüdet. Ich kehre aufs Schiff zurück. Jetzt treibt der Dampfer wieder die Strömung hinunter. In der Kajüte sind noch zwei oder drei andere Todkranke. Von Zeit zu Zeit legt das Schiff irgendwo an. Einer nach dem anderen wird an Land geleitet. Sie können noch selber gehen. Am Ende bleibe nur ich zurück. 
Bald nähern wir uns der verhängnisvollen Anlegestelle. Schon kommt das festungsartige Gemäuer in Sicht. „Ihr werdet mich doch nicht dorthin zurückbringen?“ 
Noch hoffe ich, wir fahren stromabwärts daran vorbei. Da wirft der Steuermann das Ruder herum, nimmt Kurs auf das ominöse Gebäude. 
„Sie haben mir doch versprochen...“ – „Es geht nicht anders. Wir glaubten, Sie könnten sich von selbst erholen. Das Krankenhaus ist Ihre einzige Chance.“ – „Ich kann nicht allein aussteigen.“ – „Der Kapitän wird sie tragen.“
Auf breiten Armen werde ich aus der Kajüte gehoben. Es ist Nacht geworden. Draußen nieselt es. Vorsichtig balanciert man mich die steile Kaitreppe hinauf. Nun stehe ich vor den dicken Mauern. Ich kehre zurück in mein Gefängnis. 

Verstehen Sie mich?&ldquo Professor P. ist gekommen. Er wird mich endlich nach Hause bringen. Sie haben keine Wahl. Sie schaffen die Spontanatmung nicht. Ein Luftröhrenschnitt ist die einzige Möglichkeit. Bei den Kollegen hier sind Sie sicher gut aufgehoben.&ldquo 
Ich schüttle den Kopf, deute: Nicht hier! Es gibt nur einen Operateur, und es wäre Sonntag. Ich habe kein Vertrauen zu den Leuten um mich her. Dabei nehme ich sie bewußt überhaupt nicht wahr. Ich will in die Großstadt. Dort hat man ein ganzes Ärzteteam. Ich weiß doch schließlich: Ich liege in einem Krankenhaus in der Provinz, mit einer Anlegestelle an einem großen Strom. 
Ich möchte in die Großstadt. Dann werde ich mich auch nicht gegen die Operation wehren.&ldquo Zwar bin ich enttäuscht, doch ich glaube Professor P. Gut, wenn Sie es so wollen. Wir werden Ihre Verlegung in die Wege leiten.&ldquo
Ein ungeheures Glücksgefühl steigt in mir hoch. Ich kann nicht sprechen, nur auf einer Tafel deuten. Dennoch gelingt es mir, einen eigenen Willen zu formulieren. Selbstbestimmung ist also möglich, denke ich, sogar in völliger Abhängigkeit. 

„Wir müssen sehen, wie wir Sie in die Großstadt transportieren. Wir brauchen den Krankenwagen. Aber der ist tagsüber im Einsatz. Er ist das einzige Rettungsfahrzeug für die Unfälle auf der Autobahn. Trotzdem - wir finden schon eine Lösung. 
Nach zweiundzwanzig Uhr sind Unfälle auf der Autobahn selten. Die Ambulanz wird dann nicht mehr benötigt. Sie kann Sie rasch in die Großstadt bringen. Wenn sie vor Mitternacht wieder zurück ist, geht alles in Ordnung. 
Haben Sie keine Angst. Sie werden von der Fahrt nicht viel mitbekommen. Wir geben Ihnen ein leichtes Betäubungsmittel.&ldquo
Ich liege wieder allein, muß auf den Abend warten. Meinem Bett gegenüber hängt eine Uhr, nüchtern, rund, mit einer dünnen Nadel für die Sekunden. Neun Uhr. Der Krankenwagen kann frühestens in einer Stunde kommen. 
Der Sekundenzeiger scheint immer langsamer voran zu schleichen. 
Halb Zehn. Solange ich nicht abgeholt werde, kann man mich noch immer hier operieren. 

Ein Arzt tritt ins Zimmer. Er kommt mir bekannt vor. War ich ihm schon zuvor begegnet? Sie wollen uns also verlassen? Schade. Ich sollte Sie operieren. Nun haben Sie sich anders entschieden.&ldquo 
Ein Schuldgefühl steigt in mir hoch. Vielleicht habe ich dem Personal unrecht getan. Sei's drum - meine Entscheidung ist richtig. Ich weiß es im Unterbewußten. 
Ich entschuldige mich. Glauben Sie mir, das hat nichts mit Ihnen zu tun&ldquo, deute ich auf der Tafel. Er geht. Ich weiß nicht, ob er mir glaubt.

Ich sinke zurück in meine Einsamkeit.  Zehn, halb Elf. Warum ist der Krankenwagen noch nicht da? Wieder steigt Angst in mir hoch. Wird man mich morgen vielleicht doch hier operieren? War alles nur ein Ablenkungsmanöver? Sollte ich lediglich in Sicherheit gewiegt werden? Mag sein, es hat einen Unfall auf der Autobahn gegeben. Vielleicht wird das Fahrzeug heute überhaupt keine Extratouren machen können.
Jetzt ist Professor P. wieder da. Warum kommt er nicht herein? „Er bespricht sich noch mit den behandelnden Ärzten. Sie sind sich nicht sicher, ob du transportfähig bist.“ Was habe ich denn? Ich bin doch nur müde, schrecklich müde. 

„Wird dieses Haus auch von Muslimen geleitet?“ Auf einer Buchstabentafel zeige ich unsicher meine Frage. Der Pfleger schaut mich überrascht an. Als hätte ich etwas völlig Unbegreifliches gesagt. Weiß er denn nicht, daß in der vorherigen Klinik...? 
„So viel ich weiß, arbeitet bei uns kein einziger Moslem. Höchstens ein oder zwei.“ Erleichtert atme ich auf - im übertragenen Sinne. Der Tubus im Hals gestattet kein eigenes Atmen. 
Wie ich hergekommen bin, weiß ich nicht. Offenbar tatsächlich mit einem Krankenwagen. Nur eines ist mir klar: Es ist kein Traum; ich habe mich durchgesetzt. Ich bin in der gewünschten Klinik. 
Jetzt wird sich alles zum Guten wenden. Doch vor einer Besserung kommt die Operation. Wieder falle ich in einen tiefen, todesähnlichen Schlaf.

Was bisher geschah, war ein Vorspiel. Der wirkliche Schrecken beginnt erst jetzt. Niedergefahren zur Hölle. Was hat Christus in den drei Tagen getan, da er ins Totenreich hinabstieg? Vielleicht kämpfte er um die Seelen der Dahingeschiedenen. 
Dunkel umgibt mich. Nicht der geringste Lichtschein. Umhüllt, erstickt von Schwarz treten mir zwei Farben entgegen: Grün und Rot. Sie haben keine Gestalt, sind nur Farben. Das Grün erinnert an saftiges Gras. Das Rot ist eher Orange, meine Lieblingsfarbe. Und ich weiß: Grün ist das Gute, Rot das Böse - nicht übertragen, ganz real. Grün und Rot kämpfen miteinander. Ich kann nicht sagen, auf welche Weise. Sie berühren sich nicht. Sie strahlen gegenseitig Kraftfelder aus, von denen ich weiß, daß sie um meine Seele ringen. 
Starr und körperlos liege ich da. Alles habe ich getan, nichts bleibt mehr übrig. Ich kann nur mehr ohnmächtig das Ringen zwischen Rot und Grün verfolgen. Ich bin teilnahmslos, obwohl ich begreife, daß es um mich geht. 
Wie der Kampf endet, bleibt offen. 

Auferstanden von den Toten. Langsam tauche ich aus der Dunkelheit auf. Die Operation ist glücklich verlaufen. Wie ich nach ein paar Tagen der Welt zurückgegeben bin, fange ich an, Zusammenhänge zu begreifen. Das künstliche Koma, die Narkose, haben mir Bilder vorgegaukelt, die sich aus Erinnerungen, Gedanken und im Halbdämmer mitbekommenen Wortfetzen zusammensetzen. 
So sehr mir die Irrealität des Zurückliegenden bewußt ist, so überzeugt bin ich auch: der Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Grün und Rot hat tatsächlich stattgefunden. Seit der Erfahrung im Totenreich weiß ich, daß Gut und Böse existieren. Sie sind keine Chimäre. 

Nachwort

Ich wurde am 17. Februar 2000 mit schwerer Ateminsuffizienz in die Spezialklinik für Lungenerkrankungen nach Gauting bei München eingeliefert. Nach zehn Tagen künstlichem Koma entschied man sich zu einem Luftröhrenschnitt.
Auf eigenen Wunsch wurde ich für diese Operation in das Städtische Krankenhaus München-Schwabing verlegt. Der Eingriff erfolgte am 29. Februar 2000 in einer dreistündigen Sitzung unter Hinzuziehung von fünf Fachärzten verschiedener Disziplinen. Nach weiteren fünf Wochen konnte ich nach Hause entlassen werden.
Teile dessen, was tatsächlich geschah, wurde mir im Nachhinein von meiner Frau erzählt. Ich selbst kann bis heute, die alptraumhaften Halluzinationen und die wirklichen Geschehnisse nicht auseinanderhalten. 

Der Text versucht die beiden Ebenen durch typographische Unterscheidung deutlich zu machen.